Juli 1936, als „Reisegesellschaft Union“ getarnte Soldaten der Legion Condor brechen vom Lehrter Bahnhof nach Spanien auf. Heimlich sollen sie Francos Aufstand gegen die Republik unterstützen. Andere Berliner, geflüchtet vor den Nazis in die Emigration, bekämpfen in Spanien den Faschismus mit Wort, Musik, Kamera und auch der Waffe.
Historischer Reiseführer zu Orten der deutschen Hauptstadt, die von der engen Verknüpfung Spaniens und Deutschlands während des Bürgerkrieges zeugen.
Der Spanische Bürgerkrieg und Berlin
Vor über achtzig Jahren begann der Spanische Bürgerkrieg. Ein lokaler Konflikt, der zu internationaler Bedeutung auswuchs und Vorbote wurde für die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges.
In Spanien trafen die unterschiedlichen Ideologien und politischen Gesellschaftsentwürfe aufeinander, die Europa entzweiten. Rechte und Faschisten stilisierten den Putsch der Nationalen zu einem Kreuzzug gegen Atheismus und Kommunismus. Linke und Anarchisten, angefeuert von der revolutionäre Stimmung der ersten Wochen, versuchten ihre politischen Utopien umgehend in Spanien zu verwirklichen. Die sowjetisch geführten Kommunisten wiederum wollten zur Eindämmung des expandierenden Faschismus, eine so genannte „Volksfront“ bürgerlicher und linker Kräfte bilden. Der gemeinsame Nenner war der Abwehrkampf gegen die Faschisten. Konkrete politische Ziele verschwanden hinter propagandistischen Bildern von einer besseren und gerechteren Welt.
Viele Künstler und Schriftsteller reisten nach Spanien. Hier konnten sie Stellung beziehen und ihre Ideen im Propagandakampf kreativ umsetzen. Nach der Niederlage der Republik 1939 setzte sich diese Auseinandersetzung in Lebenserinnerungen, Liedern, Gedichten und Bildern fort. So wurden Mythen geschaffen, die im Kalten Krieg politisch instrumentalisiert wurden, um die eine oder andere Seite zu diskreditieren.
Besonders die deutsche Geschichte ist eng verknüpft mit dem spanischen Konflikt. Einerseits war der Sieg Francos über die Republik am 1. April 1939 auch ein Sieg Hitlers, der mit der Legion Condor in Spanien seine aggressiven außenpolitischen Strategien erproben konnte. Andererseits kämpften in den internationalen Brigaden zahlreiche emigrierte Deutsche, die auf spanischem Boden den Faschismus zurückdrängen wollten.
Spanien erinnern in der Bundesrepublik und der DDR
Während des Kalten Krieges war die Erinnerung an den spanischen Bürgerkrieg ein zentraler Streitpunkt der Selbstwahrnehmung der beiden deutschen Staaten. Die DDR inszenierte den Einsatz der „Antifaschistischen Widerstandskämpfer“ in den internationalen Brigaden als ersten Schritt zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus – hin zur Gründung eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Offizielle Gedenkveranstaltungen, ein Personenkult um in Spanien gefallene Brigadisten und die Herausgabe einer umfangreichen Erinnerungsliteratur sollten diesen Gründungsmythos verfestigen.
In der frühen Bundesrepublik fanden die ehemaligen Brigadisten nur wenig Beachtung. Sie standen unter dem Generalverdacht Abenteurer bzw. von Moskau gesteuerte Kommunisten zu sein. Ihnen wurden selbst Rentenansprüche, die man Mitgliedern der Legion Condor für Ihren Einsatz in Spanien gewährte, bis in die siebziger Jahre hinein nicht zugestanden. Die DDR kritisierte, dass ehemalige Offiziere der Legion Condor an führender Stelle in die Bundeswehr übernommen wurden. Bis vor kurzen war in Bundeskasernen sogar ein ehrendes Gedenken für Piloten der Legion offiziell gestattet.
Im wiedervereinigten Deutschland gibt es noch immer große Unterschiede im Erinnern des Bürgerkrieges. Dies gilt im Übrigen auch für das vereinte Europa und besonders für Spanien. Lange Zeit galt in Spanien, die Auffassung die Erinnerung ruhen zu lassen, um die alten Wunden nicht wieder aufzureißen. Der Bürgerkrieg ist als Ereignis und Erinnerung gemeinsames Erbe der Europäer. Es muss Aufgabe eines sich weiter entwickelnden historischen Gedächtnisses des „Projektes Europa“ sein Unterschiede im Gedenken aufzuzeigen, Mythen zu brechen und Elemente eines gemeinsamen Erinnerns anzubieten.
Spurensuche in Berlin
Am Beispiel Berlins lassen sich die wichtigen Entwicklungen nachzeichnen, die den spanischen Konflikt und seine Erinnerung ausmachen.
In der kulturellen Metropole der 20er und frühen 30er Jahre wirkten zahlreiche Künstler und Schriftsteller, die den Bürgerkrieg in Ihren Werken bearbeiteten. Berlin war die Hauptstadt des Nationalsozialistischen Deutschlands, von wo die Intervention der Legion Condor gesteuert wurde. Und quer durch Berlin zog sich während des kalten Krieges die Mauer, die Deutschland teilte.
Galerie-Erinnerungsorte
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PDF-Reiseführer
* Inhalte des gleichnamigen Projektes von 2008 realisiert von Dietrich & Hediye Hackenberg bzw. Antonio Muñoz Sánchez – umgesetzt mit Unterstützung des Ministerio de Cultura España